Spinnenwege: Weitereiseangst (2/2)
Denn die Tabletten vertrieben nicht nur die Träume. Sie machten auch den Schuhen Angst, so dass sie sich nur noch zu flüstern trauten. Dabei wollte ich ihnen so gerne zuhören. Aber wenn ich mich zu ihnen bückte, gab es immer einen Klapps.
Doch eines Tages habe ich mein ganzes Hörenwollen Mutti entgegengestellt, mich ganz schwer gemacht. Und habe den Ton gespürt, das Reißen von Leder. Da bin ich geflogen. Über Gehwegplatten, Bordsteinkanten, Bürgersteige, Unglückslinienkreuze, das Labyrinth der Straßen; habe gesungen vor Glück, laut. Geflogen – und im Flug erstarrt, wie ein Vogel, der gegen Schaufensterscheibe prallt, die für mich das Rot des Autos vom Erschrockenen.
Und dann sah ich den Doktormann immer. Denn ich wohnte nun in seinem Haus. Dort gab es außer den Tabletten auch noch Spritzen, von der liebenliebedick Schwester, die mir die letzten Worte nahmen für meine Gedanken, die dann immer weniger wurden, wie Tintenschrift im Regen.
Als sie ganz ausgewaschen waren, sagte der Doktormann, dass ich gesund bin. Da freuten sich Mutti, Vater und Kleineomi. Und es ging nach Haus. Nicht mit der Bummelbimmelbahn, sondern im neuen Auto. Und ich durfte vorne sitzen. Weil ich gesund bin und kein kleines böses Wildpferd. Und der Pepitaanzug nicht mehr passt.
Dafür muss er nun verreisen. Mit der kleinen Fliege. Und gehört bald einem armen Kind in einem Land, dessen Name nicht einmal mein Schulatlas kennt. Und als Mutti vorhin in der Küche war, habe ich die Mottenkugeln in die kleine Jackentasche gepackt. Und auch die Bilder von den Bösebösetagen, der Bummelbimmelbahn und dem Doktormann. Obwohl mir das arme Kind, das ich nicht kenne, ein bisschen leid tut.
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