Spinnenwege: Kleineweltenschatz (4/4)
Und so hat der sonst so tausendgescheite Stephan auch noch gar nicht gemerkt, wie dünn und spierlig die Ärmchen sind, die ich ihm gebastelt habe. Ganz dürre Zweiglein, die schon beim ersten Schlag brechen, zu dem ich mich hier nun endlich traue. Blindlings zuschlage, im wahrsten Sinne des Wortes. Denn nach dem ersten Blick auf meinen Feind fallen mir die Augen zu, schließen sich meine Ohren, das habe ich ja gestern so gewollt, dass ich nichts mehr höre und sehe von diesen Schattenwerfern. Dafür aber ganz, ganz dicke Arme und Fäuste...
mehrSpinnenwege: Kleineweltenschatz (3)
Am nächsten Tag das gleiche Spiel: Aufstehen, Haferflocken und Kakao, Straßenbahn, sechs Stunden Immergleichgrau im Pestalozzi-Gymnasium, zweiter Stock, letzter Raum, der Sackgassenklasse. Beinahe – das gleiche Spiel. Denn Wolfgang ist heute auffallend ruhig. Kein böses Wort. Und auch Herr Stimpe wirkt fast ein wenig nett. Ich schaue auf seine Hose. Aber er hat sich natürlich umgezogen. Und als ich Stephan in die Augen sehe, guckt er als Erster weg, was er noch nie gemacht. Nur kurz vor Schluss erscheint es mir, als ob sie Blicke...
mehrSpinnenwege: Kleineweltenschatz (2)
Mutti lasse ich malen, mit mir zusammen am großen Tisch im Esszimmer. Eine Ritterburg mit tausend Türmchen, Zinnen und Zugbrücken. Auf denen es nur so wimmelt von Helmen und Kettenhemden, Helebarden und Armbrüsten. Und Mutti wie mir fuhrwerkt dabei immer die Zunge im Mundwinkel herum, das habe ich von ihr. Auch unser Hund gehört dazu. Ihn zaubere ich auf eine unserer Amazonasreisen durch das Eisvogelland mit Erlenbraun, Federflaum und Kravogelgesang. Aber auf die Mücken und Blutegel verzichte ich, dann können unsere Herzen ungestört...
mehrSpinnenwege: Kleineweltenschatz (1)
Ich habe einen Schatz gefunden. Nun gehört mir die Welt. So wie allen Schatzfindern, den Spaniern damals, dem Schliemann oder jenen aus den Märchen. Dabei musste ich gar nicht lange suchen, in der Gegend herumfahren und auch keine tiefen Löcher graben. Ich habe ihn einfach entdeckt, weil ich ihn erkannt habe! Bei uns im Haus, unten im Keller, im letzten Raum, noch hinter Vaters Bastelwerkstatt. Dort, wo die Hasen hängen, ganz rot, nackt, bloß, nach der Jagd, und die Kartoffeln schlafen, im Traum ganz lange Augen bekommen. Da stehen sie:...
mehrSpinnenwege: Fiesta Mexicana
„Du musst einmal unter andere Kinder!“, sagt Mutti und verkündet, dass wir am Samstag zum Faschingsfest nach Woltwiesche fahren. Noch ein Tag mehr wie ‚Turnverein‘ und ‚Gottesdienst‘ und ‚kleine Pause‘ und ‚große Pause‘ – eigentlich ein Tag wie jeder. Andere? Mir sind die Kinder genug, die ich kenne. Wie eine große Wolke, die immer dahin wandert, wohin ich gehe, mir nur Schatten lässt. Ich friere dem Vergnügen entgegen: Montag, Dienstag – fallende Kalenderblätter...
mehr
Neueste Kommentare