Spinnenwege: Fiesta Mexicana
„Du musst einmal unter andere Kinder!“, sagt Mutti und verkündet, dass wir am Samstag zum Faschingsfest nach Woltwiesche fahren. Noch ein Tag mehr wie ‚Turnverein‘ und ‚Gottesdienst‘ und ‚kleine Pause‘ und ‚große Pause‘ – eigentlich ein Tag wie jeder. Andere? Mir sind die Kinder genug, die ich kenne. Wie eine große Wolke, die immer dahin wandert, wohin ich gehe, mir nur Schatten lässt. Ich friere dem Vergnügen entgegen: Montag, Dienstag – fallende Kalenderblätter...
mehrSpinnenwege: Neuntöterlied
Warum habe ich nur die Gummistiefel angezogen? So stolpere ich froststeif in Treckerspuren, wadenhoch, durch das Endlosland. Lufteisknirsch streichelt mir eine Gänsehaut. Und der Horizont winkt mit Angst – ein fernes Moped auf der Kreisstraße. Rauhreifschleier halten die Welt ruhig. Doch ich sehe die Jägerblicke und ihre Arme, die so gerne die Flinten in den Anschlag reißen würden. Wie die Männer am Neujahrsmorgen, an dem ich noch zu den Treibern zählte. Nun bin ich Wild. Und sehe ihre Mopeds, ihre Blicke in allen Spitzen der...
mehrSpinnenwege: Tannengrab
‘Die Tage werden wieder länger!’, hat Mutti gesagt und Fresien gekauft. Die Süßbuntblumen, die mit ihrem Duft die Weihnachtsgeister aus den Zimmern vertreiben. Engel, Glocken, die Krippe und Strohstern schlafen schon wieder auf dem Dachboden. Die Tanne im Garten, wo sie auf Ostern wartet. Frau Hoffmann und Frau Uhlenhaut haben auch Fresien gekauft. Und die anderen in der Siedlung ebenso. Und überall liegen sie hinten auf der Feuerstelle; vor der Pforte und harren der Osternacht oder der Müllabfuhr – die toten...
mehrSpinnenwege: Pfauenaugenschlaf
Das Fest war weiß wie grün, rot wie schön. Und meine Eisenbahn fährt jetzt eine Acht. Das neue Häuschen ist auch fertig. Ein Kiosk, der sich als Fliegenpilz verkleidet hat. Es war fein, die vielen winzigen Zeitungen und Zeitschriften auszuschneiden. Nun warten sie im Leimspinnengeweb auf Leser. Vergebens! Der Reisende, die Brautleute und der Ziegenhirt werden den Pilz am Bahnhof nie erreichen. Immer, wenn Fußgänger die Geleise überqueren wollen, träumt der Schrankenwärter ganz tief. Und meine schwarze Lok fährt ihnen die Beine ab....
mehrSpinnenwege: Leimrutennacht
Der Engel steht auf rotem Karussell. Seine Füße in einer Pfütze. Nein, beinahe einer Schneewehe. Ganz gelb ist sie, als ob ein Hund…. Doch es riecht nach Patex. Weil ihm die Harfe so schwer ist und er alle Jahre wieder umzufallen droht. So kann er weiter seine Runden drehen zwischen Räuchermann, dem Nussknacker und sein Liedchen schnarren, das immer nur das eine ist: ‚Stille Nacht‘. Dabei höre ich ganz deutlich, wie das Rotkehlchen zwischen Zweigen singt, der Kuckuck ruft. Und oben auf dem goldenen Stern sitzt ein...
mehrSpinnenwege: Elsternschnee
„Es geht auf Tanne, …“ sagt Vater und holt den Dachgepäckträger hinter Sommerreifen hervor und Sonnenschirm. Mit seinem „…, die ja eigentlich eine Fichte ist!“ lassen wir die Siedlung zurück. Acker, Weide, Moor liegen unter schmelzendem Weiß. Mittagslicht schneidet Schwarz in das weite Land. Zur Schonung, wo in den großen Ferien Nesseln meine Beine peitschen, Klette nach Sandale giert. Und Himbeeren locken… Vaters Blick prüft den ersten Baum, sucht bereits, ob der andere nicht doch schöner ist....
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