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Spinnenwege: Kleineweltenschatz (4/4)
Und so hat der sonst so tausendgescheite Stephan auch noch gar nicht gemerkt, wie dünn und spierlig die Ärmchen sind, die ich ihm gebastelt habe. Ganz dürre Zweiglein, die schon beim ersten Schlag brechen, zu dem ich mich hier nun endlich traue. Blindlings zuschlage, im wahrsten Sinne des Wortes. Denn nach dem ersten Blick auf meinen Feind fallen mir die Augen zu, schließen sich meine Ohren, das habe ich ja gestern so gewollt, dass ich nichts mehr höre und sehe von diesen Schattenwerfern.
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Spinnenwege: Kleineweltenschatz (3)
Am nächsten Tag das gleiche Spiel: Aufstehen, Haferflocken und Kakao, Straßenbahn, sechs Stunden Immergleichgrau im Pestalozzi-Gymnasium, zweiter Stock, letzter Raum, der Sackgassenklasse.
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Spinnenwege: Kleineweltenschatz (2)
Mutti lasse ich malen, mit mir zusammen am großen Tisch im Esszimmer. Eine Ritterburg mit tausend Türmchen, Zinnen und Zugbrücken. Auf denen es nur so wimmelt von Helmen und Kettenhemden, Helebarden und Armbrüsten. Und Mutti wie mir fuhrwerkt dabei immer die Zunge im Mundwinkel herum, das habe ich von ihr.
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Spinnenwege: Kleineweltenschatz (1)
Ich habe einen Schatz gefunden. Nun gehört mir die Welt. So wie allen Schatzfindern, den Spaniern damals, dem Schliemann oder jenen aus den Märchen. Dabei musste ich gar nicht lange suchen, in der Gegend herumfahren und auch keine tiefen Löcher graben. Ich habe ihn einfach entdeckt, weil ich ihn erkannt habe! Bei uns im Haus, unten im Keller, im letzten Raum, noch hinter Vaters Bastelwerkstatt. Dort, wo die Hasen hängen, ganz rot, nackt, bloß, nach der Jagd, und die Kartoffeln schlafen, im Traum ganz lange Augen bekommen.
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Spinnenwege: Fiesta Mexicana
„Du musst einmal unter andere Kinder!“, sagt Mutti und verkündet, dass wir am Samstag zum Faschingsfest nach Woltwiesche fahren. Noch ein Tag mehr wie ‚Turnverein‘ und ‚Gottesdienst‘ und ‚kleine Pause‘ und ‚große Pause‘ – eigentlich ein Tag wie jeder. Andere? Mir sind die Kinder genug, die ich kenne. Wie eine große Wolke, die immer dahin wandert, wohin ich gehe, mir nur Schatten lässt. Ich friere dem Vergnügen entgegen: Montag, Dienstag – fallende Kalenderblätter grinsen mir zu.
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Spinnenwege: Neuntöterlied
Warum habe ich nur die Gummistiefel angezogen? So stolpere ich froststeif in Treckerspuren, wadenhoch, durch das Endlosland. Lufteisknirsch streichelt mir eine Gänsehaut. Und der Horizont winkt mit Angst – ein fernes Moped auf der Kreisstraße.
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Spinnenwege: Tannengrab
‘Die Tage werden wieder länger!’, hat Mutti gesagt und Fresien gekauft. Die Süßbuntblumen, die mit ihrem Duft die Weihnachtsgeister aus den Zimmern vertreiben. Engel, Glocken, die Krippe und Strohstern schlafen schon wieder auf dem Dachboden. Die Tanne im Garten, wo sie auf Ostern wartet.
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Spinnenwege: Pfauenaugenschlaf
Das Fest war weiß wie grün, rot wie schön. Und meine Eisenbahn fährt jetzt eine Acht. Das neue Häuschen ist auch fertig. Ein Kiosk, der sich als Fliegenpilz verkleidet hat. Es war fein, die vielen winzigen Zeitungen und Zeitschriften auszuschneiden. Nun warten sie im Leimspinnengeweb auf Leser.
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Spinnenwege: Leimrutennacht
Der Engel steht auf rotem Karussell. Seine Füße in einer Pfütze. Nein, beinahe einer Schneewehe. Ganz gelb ist sie, als ob ein Hund…. Doch es riecht nach Patex. Weil ihm die Harfe so schwer ist und er alle Jahre wieder umzufallen droht. So kann er weiter seine Runden drehen zwischen Räuchermann, dem Nussknacker und sein Liedchen schnarren, das immer nur das eine ist: ‚Stille Nacht‘.
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Spinnenwege: Elsternschnee
„Es geht auf Tanne, …“ sagt Vater und holt den Dachgepäckträger hinter Sommerreifen hervor und Sonnenschirm. Mit seinem „…, die ja eigentlich eine Fichte ist!“ lassen wir die Siedlung zurück. Acker, Weide, Moor liegen unter schmelzendem Weiß. Mittagslicht schneidet Schwarz in das weite Land.
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